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Karl Adamek. Lieder der Arbeiterbewegung. Büchergilde Gutenberg. FFm. 1981 [1981 A 14314]. Seite 143: Neues Streiklied 1903. Musik: In Böhmen liegt ein Städtchen.
Am Mittwoch, dem 02.10.1907 zum Abschluß der Trauerfeier für Julius Motteler im großen Saal des Volkshauses zu Leipzig gesungen:
Es stand meine Wiege im niedrigen Haus;
Die Sorgen, die gingen d'rin ein und d'rin aus, Und weil meinem Herzen der Hochmut blieb fern, Drum bin ich auch immer beim Volke so gern ! :.:Und guckt die Sorge auch 'mal durch die Scheiben: Ein Sohn des Volkes will ich sein und bleiben! :.: |
Tief drunten im Thale ging immer mein Lauf,
Zur Höhe, zur steilen, ich kann nicht hinauf; Ich bleibe im Leben nur einfach und schlicht ! und Orden und Sterne begehre ich nicht ! :.:Wie auch des Lebens Barke mich mag treiben: Ein Sohn des Volkes will ich sein und bleiben ! :.: |
Und schließ ich die Augen zur ewigen Nacht,
und habt ihr zur Ruh' mich, zur letzen, gebracht, Dann schmücket die Stätte mit Grünkränzelein, Und legt mir aufs Grab einen schmucklosen Stein. :.:Auf diesen Stein laßt mir die Worte schreiben: Ein Sohn des Volkes wollt' er sein und bleiben ! :.: |
ANMERKUNG: Die Zeichensetzung wurde am 22.3.03 nach dem zwischenzeitlich in der DB Leipzig aufgefundenen Lieder-Cyklus des Autors und Komponisten Heinrich Pfeil "Daheim" geändert. Der Cyklus ist ohne Jahresangabe in C. W. F. Siegel's Musikalienhandlung zu Leipzig erschienen [1916 B 8050]. Gesucht wird weiterhin die Melodie zum Lied. Nach Angaben im Lieder-Cyklus "Daheim" müßte es dazu ein "Pfeil=Album" gegeben haben. Hinweise laufend erbeten.
Horch ! Es rollt von fern der Donner !
Blitze leuchten durch die Nacht ! Wohlgerüstet ziehen Streiter Todesmutig in die Schlacht. Und es dringt zu Fürstenthronen, In der Reichen Lustgemach Ungezählter Millionen Feldgeschrei: Zehnstundentag ! |
Wo am Webstuhl schwache Hände
Mühen ab sich Jahr um Jahr, Dort, wo blasse Frauen spinnen Fäden emsig immerdar, Wo mit nimmermüdem Fleiße
Auch der Farbknecht stehen mag, Summt der Mund in froher Weise Hoffnungsvoll: Zehnstundentag ! |
Ja, erwacht sind all die Sklaven ! Im Erwachen liegt die Welt ! Schon erglüht die Morgenröte, Bald ist's wunderbar erhellt. Selbst durch Oestreichs kranke Staaten, Wo die Reichen - welche Schmach ! - Tief im Blut der Armen waten, Braust es kühn: Zehnstundentag ! |
Laut und lauter grollt der Donner ! Blitze leuchten durch die Nacht ! Wohlgerüstet ziehen Kämpfer Todesmutig in die Schlacht. Und es dringt zu Fürstenthronen, In der Reichen Lustgemach Ungezählter Millionen Feldgeschrei: Zehnstundentag ! |
Alles in Band II: Seite 281: "In Sachsen liegt ein Städtchen.". Mit Notenblatt. 8 Strophen.
Seite 282: "Lied vom Aal." Vom Streik 1874, 1903/04 erneut aufgegriffen. Durch die nach dem Streik nicht wieder eingestellten ca. 650 Crimmitschauer Textilarbeiter an deren Asylorten in Deutschland in abgewandelter, jeweils aktueller, Form verbreitet.
In Sachsen gibt's ein Städtchen
das kennt fast jedermann, Da gibt es Krempelmädchen, Ein ganzes Bataillon |
Und in dem Sachsenstädtchen-
ja es ist unerhört Da haben Krempelmädchen ein'n großen Aal verzehrt. |
Darob entbrann't in Eifer
Ein feiner Herr geschwind;- Es gibt ja viele Schleifer, die ungeschliffen sind. |
Wie könnt ihr euch vermessen,-
oh Mädchen seid gescheit !- Statt Hering Aal zu essen In dieser teuren Zeit ! |
Kartoffeln eßt und Hering
Zu jedem Mahl des Tags: Das ist die beste Nahrung Für Mädchen eures Schlags ! |
Die Aale und die Lachse,
gönnt sie doch euren Herrn, Die wie die grauen Dachse von Fette zehren gern. |
Und der, der dies geschrieben,
Der steht euch nah, sehr nah; Mit Sturm hat's ihn getrieben Zu dieser Poeta. |
Seite 283: "Hört, ihr lieben Streikgenossen" ("Hört, ihr braven Crimmitschauer"). Nach der Melodie "Als die Römer frech geworden". Mit Notenblatt auf Seite 142.
Hört, ihr braven Crimmitschauer
Fabrikanten sind in Trauer Weil das böse Arbeitsvolk Den Zehnstundentag gewollt. Auch noch höhre Löhne. |
Als Antwort gab's in Massen
Kündigungsscheine zum entlassen. Aus der Bude mußte raus Alt und Jung, oh welch ein Graus. Alles soll nun hungern. |
Das wir aber nicht verzagen
Und uns nicht knurrt der Magen, dafür sorget, wie bekannt, Immer der Textilverband Durch die Unterstützung. |
Hört, ihr lieben Streikgenossen,
Fabrikanten sind verdrossen: Wenn ihr vor der Bude steht, Auf und ab als Posten geht Schicken sie Gandarmen. |
Solche Posten man notieret,
Viele auch gleich abgeführet, Da heißt es: ins Loch hinein, Dort gibt's weder Bier noch Wein, Nur schwarz Brot und Wasser. |
Deshalb darf man sein nicht böse,
Wenn gemessen wird die Größe, Und man wird noch obendrein Untersucht, ob man ist rein Oder hat Trichinen. |
Brüder, wir verharrn im Streike,
Denn die Zeit ist nicht mehr weite. Hoch leb der Zehnstundentag. Länger man nicht schinden mag. Glücklich woll'n wir leben. |
Seite 284: "Still ruht der Saal". Melodie: "Still ruht der See". Mit Notenblatt im Band I.
Still ruht der Saal, die Stühle schweigen,
Der Schützen liegt in guter Ruh. Ihr wolltet eure Macht uns zeigen, Nun schließet eure Buden zu. |
Still ruht der Saal und die Maschinen,
Sowie die ganze Transmission. Man darf nicht reden von Verdienen, Denn's ist ja nur ein Sündenlohn. |
Still ruht's Kontor und seine Bücher,
Der Geldschrank steht in guter Ruh. Ein ander mal, da macht ihr's klüger, und mutet uns nicht so viel zu. |
Still ruht der Saal und alles hoffet,
Kanns kommen, wie es kommen mag, Denn ließen wir uns unterjochen, Für's Deutsche Reich wär's eine Schmach. |
Still ruh'n die Ausgesperrten alle,
Sie wünschen den Zehnstundentag, Sie geben sich auf keinen Falle, wenn man sie nicht erhören mag. |
Still ruhen all' die wollnen Ketten,
die ihr nun erst bekommen habt. Der Schuß, er modert auf den Brettern, Die Mäuse laben sich daran. |
Bald wird nun unser Kampf beginnen,
O, seid darüber nicht verzagt. Den Sieg, den werden wir erringen. -Es lebe der Zehnstundentag ! |
Am große Zahltag in der Woche,
War laut Beschluß die Kündigung: Siebentausend Mann in einem Orte, O, welche schöne Erinnerung. |
Seite 285: "In der Heimat ist es schön". Mit Notenblatt.
In der Heimat ist es schön,
wo die Fleiß'gen müßig gehn. Die man zwingt herumzulungern. Ohne Arbeit zu verhungern, wollen sie nicht stehlen gehn. |:In der Heimat ist es schön:| |
In der Heimat ist es schön,
Wo die Siegesfahnen wehn, Wo man Elend, Not und Schrecken, Sucht durch Flitter zu verdecken. Schurken ohne Ketten gehn. |:In der Heimat ist es schön:| |
In der Heimat ist es schön,
Wo wir Recht und Ordnung sehn, Wo aus jammervollen Orten, Mancher muß sein Leben morden, während Villen mietlos stehn. |:In der Heimat ist es schön:| |
Seite 287: Aussperrungslied 1903.
Seite 288: Weihnachtslied der Ausgesperrten. Melodie Stille Nacht ! Heilige Nacht ! Nachdruck eines Einblattdruckes, Verfasser: "H.J." (Hermann Jäckel ?). Verleger Albin Hecht, Crimmitschau
Heilige Nacht - Heiß tobt die Schlacht,
Und es blitzt und es kracht "Friede auf Erden" die Christenheit singt, Während der Arme das Schwert mutig schwingt. :|: kämpfend für Freiheit und Glück. :|: |
Heilige Nacht - Heiß tobt die Schlacht.
Arbeit ist aufgewacht ! Wollte ein wenig vom Leben zurück ! Wollt' eine Stunde mehr Liebe, mehr Glück ! :|: Hohn und Spott war's was man gab. :|: |
Heilige Nacht - Heiß tobt die Schlacht,
Ob man uns rechtlos macht. Mächtig ein Ruf dringt von Land zu Land, Freudig reicht jeder dem Bruder die Hand: :|: Helfet der kämpfenden Schar ! :|: |
Heilige Nacht - Heiß tobt die Schlacht.
Einst euch auch Sonne lacht. Kämpfe und ruf' zu der Herrschenden Thron, Ob dir auch Schmach nur und Spott ward und Hohn: :|: Gebt eine Stunde für uns ! :|: |
Annemarie Stern: Lieder gegen den Tritt. Asso-Verlag Oberhausen. ISBN 3-921541-72-7. [1980 A 6344] ++ Seite 146 "In Sachsen liegt ein Städtchen". Mit Notenblatt.
In Sachsen liegt ein Städtchen,
das kennt fast jedermann, Da gibt's ein Arbeitsvölkchen Von siebentausend Mann |
Und dieses kleine Völkchen
Heißt Proletariat, Für's Leben mehr ein Stündchen Fünf Jahre lang es bat. |
Umsonst war alles bitten,
Um den Zehnstundentag. Muß werden erst gestritten, eh man's erkennen mag. |
Die Herren und die Fakse (*),
ihr werdet mich verstehn, wolln machen selbst die Taxe, wie wir zur Arbeit gehn. |
Man will euch nur betören.
Mit zwei Mark Prämie noch, Daß ihr zurück sollt kehren. Bedingungslos ins Joch. |
Kollegen, müßt bedenken,
Es wär der reine Hohn, von uns jetzt abzuschwenken. Für diesen Judaslohn. |
Nur vorwärts weiter ringen.
Im Kampfe mutig fort, Es wird und muß gelingen, Dies sei das Losungswort. |
Und der, der dies geschrieben,
steht ausgesperrt mit da, Mit Sturm hat's ihn getrieben Zu diesem Liedchen da. |
(*) Faktor, der (lat.); eigentl. "Macher", Werkführer, Angstellter, ..., vgl. Duden. Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Leipzig und Wien 1908.
ODER
(*) Kalfaktor, der oder Kalfakter, der (Gehilfe, Aufwärter im Gefängnis; mit Gelegenheitsdiensten Beauftragter; Aushorcher), lateinisch "Heizer", vgl. DER GROßE DUDEN, Leipzig 1963.
Klaus Völkerling: Der Crimmitschauer Textilarbeiterstreik von 1903, 04 in der frühen sozialistischen Literatur und im revolutionären Arbeitervolkslied. Avion-Verlag Weimar 1962 [1963 A 222]
Verfasser unbekannt
Ein Städtchen liegt im roten Königreich
in dem ein Kampf jetzt zittert ein Kampf, der tobt, dem bisher keiner gleicht so heftig und erbittert |
Sie fanden's gut, die noblen Herrn
viel tausend Weber auszusperrn Der Ort, es kennt ihn jeder ganz genau es ist das Weberstädtchen Crimmitschau |
Gar eifrig steht die hohe Polizei
wie's Brauch in Sächs'schen Landen mit ihrer Macht dem Unternehmer bei den stolzen Fabrikanten |
Indes, dem braven Arbeitsmann
auch das Versammlungsrecht man nahm Der Ort, es kennt ihn jeder ganz genau es ist das Weberstädtchen Crimmitschau |
Ihr wack'ren Streiter, steht auch ferner fest
im Kampfe unerschrocken die rote Rotte Euch nicht sinken läßt währt's noch so viele Wochen |
Ihr habt ja stark und fest gewebt
das Band der Solidarität und laut tönt der Ruf von Gau zu Gau "Gedenkt der Hungernden von Crimmitschau" |
In Crimmitschau, in Crimmitschau
sind alle Häuser schwarz und grau vom Qualme ungezählter Essen. Den Riesenkampf, der dort im Gang, wird man ein Menschenalter lang verwinden nicht und nicht vergessen. |
In Crimmitschau, in Crimmitschau
da dulden schweigend Mann und Frau da dulden schweigend selbst die Kinder. die Schlotbarone haben jetzt ihr bißchen Hoffnung noch gesetzt auf einen schnellen Vogtlandwinter. |
In Crimmitschau, in Crimmitschau
da zählt die Rache ganz genau die Tränen, die im stillen fließen. die Schlotbarone säen Zorn; aufgehen wird das kleinste Korn und einst in Halm und Blüte schießen. |
In Crimmitschau, in Crimmitschau
-verkündet es in jedem Gau !- wird Namenloses stumm gelitten. In wahrhaft klassischem Gefecht wird für der Arbeit heiliges Recht mannhaft und heldenhaft gestritten. |
In Crimmitschau, in Crimmitschau
erschüttert der Tyrannen Bau ein fortgesetztes schweres Beben. hier kommt es, wie es kommen muß; hier wird es niemals Friedensschluß, nur Waffenstillstand kann es geben. |
Das Christkind flog nach Crimmitschau,
es rührte froh die Schwingen: den armen Weberkindern wollt es Weihnachtsgaben bringen. |
Doch als es an das Stadtor kam,
da mocht es schier verzagen, es packte ein sächsischer Landgandarm das Christkindlein beim Kragen. |
Man schleppt' es in das Wachtlokal; und als man aus seinen Papieren ersah, daß es kein Streikbrecher war, da wollt man's arretieren. |
Das Christkind flog zum Gotteshaus; doch als der Pfarrer vernommen, zu welchem Zweck das Kindlein war nach Crimmitschau gekommen, |
durchbohrt' es der fromme Gottesmann mit zornerfüllten Blicken und plärrte: "Weh !" und schlug ein Kreuz und wandte ihm den Rücken. |
Welch Segenswünsche das Christkind darauf der Obrigkeit bescherte- ich wünschte nicht, daß der Staatsanwalt davon ein Wörtlein hörte ! |
Nur dies vertrau ich euch heimlich an -verschwiegen sind wir Poeten-, daß das Christkindlein noch selbigen Tags aus der Landeskirche getreten. |
Seite 126: CRIMMITSCHAU
Bedingungslos ! Das ist das Los der Streiker von Crimmitschau, voll Zorn und Leid zur Arbeit heut ziehn sie im Morgenrau ! |
Stumpf wie ein Tier verhungert schier, Kinder, Mann und Frau ! Der Brotherr siegt, dem Hunger fügt sich der Held von Crimmitschau ! |
Doch einmal spricht das Weltgericht bei jener Heeresschau ! Vergolten wird, wie sich's gebührt, die Sünde von Crimmitschau ! |
Bruno Schönlank: CRIMMITSCHAU
Autor: Robert Seidel:
Im Sachsenland zu Crimmitschau Ist oft der Himmel trüb und grau Vom Rauch und Qualm der Essen; Und heute ist er trüber noch, Weil Mammon will ins harte Joch Das Volk der Arbeit pressen. |
Doch, mag der Himmel trübe sein; Es leuchtet hell ein roter Schein Von dort in alle Lande; Dort liebt und haßt ein stark Geschlecht, Das kämpft für Freiheit und für Recht Und trotzt der Knechtschaftsbande. |
Die Spindeln ruhn. - Das trifft den Kern ! Ein Weberstreik ? Schaut, welch ein Stern ! Frohlockt, daß Schwache kämpfen. Ja, jubelt, jauchzt und kündet's weit: Das ist das Licht der neuen Zeit, Das wird kein Gott mehr dämpfen. |
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